Herzkohärentes Atmen: Die Verbindung zwischen Atmung und Herzratenvariabilität (HRV)

In unserer modernen, oft hektischen Welt suchen viele Menschen nach Methoden, um Stress zu reduzieren und ihr Wohlbefinden zu steigern. Eine besonders wirkungsvolle Technik ist das herzkohärente Atmen, eine gezielte Atemtechnik, die nachweislich die Herzratenvariabilität (HRV) verbessert und das autonome Nervensystem in Balance bringt. Doch wie genau funktioniert dieses Prinzip, und was sagt die Wissenschaft dazu?

Was ist herzkohärentes Atmen?

Die kohärente Atmung zielt darauf ab, die Atmung, den Herzschlag und die Durchblutung in Einklang zu bringen. Die optimale Frequenz für dieses Atmen liegt bei etwa 5,5 bis 6 Atemzügen pro Minute mit einem gleichmäßigen Ein- und Ausatemverhältnis (z. B. 5:5 Sekunden) [2]. Diese Atemfrequenz wird auch als resonante Atemfrequenz bezeichnet, da sie eine Maximierung der Herzratenvariabilität (HRV) bewirkt[3].

Herzratenvariabilität (HRV) und ihre Bedeutung für die Gesundheit

Die HRV bezeichnet die Schwankung der zeitlichen Abstände zwischen aufeinanderfolgenden Herzschlägen und spiegelt die Aktivität des autonomen Nervensystems wider. Eine höhere HRV wird mit besserer Stressresistenz, gesteigerter kognitiver Leistungsfähigkeit und allgemeiner gesundheitlicher Resilienz in Verbindung gebracht[3].

Das vegetative Nervensystem (VNS), welches das Herz steuert, besteht aus zwei Hauptkomponenten:

  • Sympathikus („Kampf- oder Flucht“-Modus) – steigert die Herzfrequenz bei Stress.
  • Parasympathikus („Ruhen und Verdauen“-Modus) – verlangsamt die Herzfrequenz und fördert Entspannung.

Eine hohe HRV zeigt eine gute Anpassungsfähigkeit des Körpers an Umweltreize und wird durch eine verstärkte Aktivierung des Parasympathikus gefördert[1].

Die wissenschaftliche Basis: Wie herzkohärentes Atmen die HRV verbessert

1. Langsame Atmung erhöht vagal vermittelte HRV

Studien zeigen, dass langsame Atmung mit etwa 6 Atemzügen pro Minute die HRV signifikant erhöht. Dies geschieht durch eine Verstärkung der respiratorischen Sinusarrhythmie (RSA), bei der sich die Herzfrequenz mit der Atmung synchronisiert[1].

2. Resonanzfrequenz und Baroreflex-Optimierung

Das Konzept der Resonanzfrequenz besagt, dass es eine ideale Atemfrequenz gibt, bei der der Baroreflex – ein Mechanismus zur Regulation des Blutdrucks – optimal funktioniert. Diese Frequenz liegt bei den meisten Menschen um die 0,1 Hz, also etwa 6 Atemzüge pro Minute[3].

3. Auswirkung auf den Blutdruck und das autonome Nervensystem

Langsame, tiefe Atmung beeinflusst nicht nur die HRV, sondern auch den Blutdruck. Studien zeigen, dass regelmäßiges herzkohärentes Atmen den Blutdruck leicht senken und das Gleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus fördern kann[1].

4. Vergleich verschiedener Atemmuster

Ein Experiment mit 47 Studierenden untersuchte unterschiedliche Atemmuster (6 vs. 5,5 Atemzüge pro Minute, mit verschiedenen Ein- und Ausatemverhältnissen). Die Ergebnisse zeigten, dass eine Frequenz von 5,5 Atemzügen pro Minute mit einem gleichmäßigen Ein- und Ausatemverhältnis (5:5 Sekunden) die HRV am stärksten erhöhte[2].

5. Verlängerte Ausatmung kann Vorteile bieten

Einige Studien deuten darauf hin, dass ein verlängertes Ausatmen (z. B. Einatmen für 4 Sekunden, Ausatmen für 6 Sekunden, auch bekannt als entschleunigtes Atmen) eine noch stärkere Aktivierung des Parasympathikus bewirken kann. Die optimale Atemtechnik kann jedoch individuell variieren[2].

Anwendung in der Praxis: Wie kann man herzkohärentes Atmen trainieren?

Herzkohärentes Atmen lässt sich am einfachsten mit unserer kostenlosen App Breath Ball üben, die aus dem App Store und von Google Play installiert werden kann:

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Cardiac Coherence Breathing Exercise
  1. Setze dich bequem hin und entspanne deine Schultern.
  2. Öffne Breath Ball und starte die Herzkohärenz-Atemübung.
  3. Atme in Rhythmus der angezeigten Animation:
    • Atme langsam für fünf Sekunden ein.
    • Atme sanft für fünf Sekunden aus.
    • Wiederhole diesen Zyklus für 5–10 Minuten täglich.

Wenn Breath Ball mit einem Bluetooth Herzfrequenzmonitor verbunden ist, kann die Veränderung der Herzratenvariabilität während der Atemübung in Echtzeit beobachtet werden. Details zu den angezeigten Werten, inkusive Normwerte und deren Abhängigkeit von Alter und Geschlecht sind auf der Seite Herzfrequenzmessung und HRV dokumentiert.

Fazit: Kleine Atemveränderungen mit großer Wirkung

Herzkohärentes Atmen ist eine wissenschaftlich fundierte Technik, die eine nachhaltige Verbesserung der HRV, Stressregulation und kardiovaskuläre Gesundheit ermöglichen kann. Durch bewusstes und regelmäßiges Üben kann diese Methode dabei helfen, Gelassenheit, Fokus und Resilienz im Alltag zu fördern.

Zitierte Studien

  1. Laborde, S., Allen, M. S., Borges, U., Dosseville, F., Hosang, T. J., Iskra, M., … & Javelle, F. (2022). Effects of voluntary slow breathing on heart rate and heart rate variability: A systematic review and a meta-analysis. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 138, 104711. https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2022.104711
  2. Lin, I. M., Tai, L. Y., & Fan, S. Y. (2014). Breathing at a rate of 5.5 breaths per minute with equal inhalation-to-exhalation ratio increases heart rate variability. International Journal of Psychophysiology, 91(3), 206-211. https://doi.org/10.1016/j.ijpsycho.2013.12.006
  3. Sevoz-Couche, C., & Laborde, S. (2022). Heart rate variability and slow-paced breathing: when coherence meets resonance. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 135, 104576. https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2022.104576
  4. Sroufe, L. A. (1971). Effects of depth and rate of breathing on heart rate and heart rate variability. Psychophysiology, 8 (5), 648-655. https://doi.org/10.1111/j.1469-8986.1971.tb00500.x